Gestern Abend konnten wir einen, wie ich fand, spannenden ESC anschauen. Es gab sehr viele schöne Beiträge und sehr viel überraschende Punktevergaben. Zum Ende des Juryvotings lag die Ukraine hinter UK, Schweden und Sanien auf Platz vier. Immerhin rund 90 Punkte trennten sie vom Gewinn. Im vergangenen Jahr lag Maneskin auch auf Platz vier nach der Jurywertung aber nur mit 60 Punkten Rückstand. Beim Televoting ging dann die Luzi ab. Ganze 439 Punkte gab es von den europäischen Televotern. Zur Erinnerung: Bei 40 Teilnehmern kann man von 39 Landern maximal 12 Punkte bekommen. Das macht 468 Punkte insgesamt. Ihnen fehlen also nur 29 Punkte zu einem perfekten Ergebnis. Das bedeutet im Durschnitt dass sie von 24 Ländern 12 und von 15 Ländern 10 Punkte bekommen haben. Bei solch einer hohen Punktzahl ist es fast egal, wie die Jury wertet. Herzlichen Glückwunsch an die Ukraine!
Es darf aber bezweifelt werden, ob die Ukraine auch gewonnen hätte, wenn sie sie sich nicht gerade im Krieg befände. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es nur an den, sich so sehr gewünschten und zelebrierten Solidaritätspunken lag oder einfach nur dadurch begünstigt wurde, dass es kriegsbedingt sehr viele Flüchtlinge in den einzelnen Ländern gibt. Wie dem auch sei, das Ergebnis steht fest und zählt. ein Geschmäckle bleibt wie 2016 natürlich trotzdem.
Jurywertung vs Televoting
Wir haben ja öfter eine Diskrepanz zwischen Jury- und Televoting. Das ist ja nichts neues. Allerdings kam es mir in diesem Jahr sehr extrem vor. Das lag wahrscheinlich mit daran dass es in jedem Lager ein paar Acts mit sehr hohen und ein paar mit sehr niedrigen Punkten gab. So gab es bei den Zuschauern 8 Acts mit 10 oder weniger Punkten. Zum Vergleich im vergangenen Jahr gab es davon vier und 2019 drei. Die Lieblinge der Jurys, mit denen die Televoter deutlich weniger anfangen konnten waren:
Schweiz + Schweden (je +78)
Niederlande (+87)
Aserbaidschan + UK (je +100)
Griechenland (+101)
Australien (+121)
Portugal (+135)
Das sind extreme Werte, die wir bisher in keinem anderen Jahrganz in dieser Form sehen konnten. Das liegt vermutlich daran, dass die Televoting Punkte für die Ukraine verplant wurden.
Es gab aber auch ein Paar Acts die die Jurys nicht mochten, dafür allerdings die Televoter:
Litauen (+58)
Polen (+59)
Norwegen (+110)
Serbien (+138)
Moldawien (+223)
Ukraine (+247)
Das sind insgesamt 13 von 25 Ländern bei denen ein Unterschied von mehr als 50 Punkten zwischen Televoting und Juryvoting besteht. Das sind Werte mit denen man niemals rechnen konnte.
Im ersten Halbfinale pushten die Jury durch ihr Voting die Schweiz ins Finale, die Zuschauer Moldawien. Im zweiten pushten die Zuschauer dann Rumänien und die Jurys Aserbaidschan. Serbien hingegen, die auch sehr polarisierten, wurde von beiden Lagern ins Finale gewählt.
Der deutsche Beitrag
Leider hatten die Buchmacher nicht nur die ersten vier fast richtig getippt, sondern auch den letzten Platz. Unser Beitrag von Malik Harris bekam, wie erwartet, die goldenen Laterne. Das große Problem für Deutschland ist die fehlende Diaspora, die andere Länder haben. Es werden ja nur Punkte an 10 Teilnehmer gegeben. Hätten alle Teilnehmer Punkte bekommen, hätte sich Deutschland unter die Top 20 geschoben. Aber wäre das denn so viel besser gewesen? Nein.
Leider hat der NDR uns wieder auf ganzer Linie enttäuscht. Spätestens seit diesem Jahr können wir davon ausgehen, dass ein Sieg oder eine gute Platzierung vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt nicht gewünscht ist. Sie möchten lieber ihre Radiostationen pushen und wollen sich schon gar nicht den Luxus leisten den ESC so kurz nach Lenas Sieg wieder auszurichten. Denn das würde statt der knapp 400k Teilnahmekosten mehrere Millionen GEZ Gebühren kosten. So alle 29 Jahre einmal zu gewinnen reicht ja vollkommen. Wahrscheinlich streben sie jetzt 2039 an. Vielleicht werde ich ja auch 100 Jahre, dann kann ich noch zwei Siege erleben, juhuu!
Endergebnis
Platz | Startnr. | Land | Interpret | Lied Musik (M) und Text (T) | Jury | Zuschauer | Gesamt |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | 12 | Ukraine | Kalush Orchestra | Stefania Стефанія M: Ihor Didentschuk, Vitalii Duzhyk, Tymofii Muzychuk; T: Oleh Psjuk, Ywan Klymenko | 192 | 439 | 631 |
2. | 22 | Vereinigtes Königreich | Sam Ryder | Space Man M/T: Sam Ryder, Amy Wadge, Max Wolfgang | 283 | 183 | 466 |
3. | 10 | Spanien | Chanel | SloMo M: Arjen Thonen, Ibere Fortes, Keith Harris, Leroy Sánchez, Maggie Szabo; T: Ibere Fortes, Leroy Sánchez, Maggie Szabo | 231 | 228 | 459 |
4. | 20 | Schweden | Cornelia Jakobs | Hold Me Closer M/T: Cornelia Jakobs, David Zandén, Isa Molin | 258 | 180 | 438 |
5. | 24 | Serbien | Konstrakta Констракта | In corpore sano M: Ana Đurić, Milovan Bošković; T: Ana Đurić | 87 | 225 | 312 |
6. | 9 | Italien (Gastgeber) | Mahmood & Blanco | Brividi M: Alessandro Mahmoud, Riccardo Fabbriconi, Michele Zocca (Michelangelo); T: Alessandro Mahmoud, Riccardo Fabbriconi | 158 | 110 | 268 |
7. | 19 | Moldau | Zdob și Zdub & Advahov Brothers | Trenulețul M/T: Mihail Gincu, Roman Iagupov, Vasile Advahov, Vitalie Advahov, Andrei Cebotari, Sveatoslav Staruș | 14 | 239 | 253 |
8. | 17 | Griechenland | Amanda Georgiadi Tenfjord Αμάντα Γεωργιάδη Τενφιόρντ | Die Together M: Amanda Georgiadi Tenfjord, Bjørn Helge Gammelsæter; T: Amanda Georgiadi Tenfjord | 158 | 57 | 215 |
9. | 3 | Portugal | MARO | Saudade, saudade M: MARO, John Blanda; T: MARO | 171 | 36 | 207 |
10. | 7 | Norwegen | Subwoolfer | Give That Wolf a Banana M/T: Keith, Jim, DJ Astronaut | 36 | 146 | 182 |
11. | 11 | Niederlande | S10 | De diepte M/T: Stien den Hollander, Arno Krabman | 129 | 42 | 171 |
12. | 23 | Polen | Ochman | River M: Krystian Ochman, Ashley Hicklin, Adam Wiśniewski, Mikołaj Trybulec; T: Krystian Ochman, Ashley Hicklin | 46 | 105 | 151 |
13. | 25 | Estland | Stefan | Hope M: Stefan Airapetjan, Karl-Ander Reismann; T: Stefan Airapetjan | 43 | 98 | 141 |
14. | 14 | Litauen | Monika Liu | Sentimentai M/T: Monika Liu | 35 | 93 | 128 |
15. | 21 | Australien | Sheldon Riley | Not the Same M: Sheldon Riley Hernandez, Cam Nacson; T: Sheldon Riley Hernandez | 123 | 2 | 125 |
16. | 15 | Aserbaidschan | Nadir Rüstəmli | Fade to Black M/T: Andreas Stone Johansson, Anderz Wrethov, Sebastian Schub, Thomas Stengaard | 103 | 3 | 106 |
17. | 5 | Schweiz | Marius Bear | Boys Do Cry M/T: Marius Bear, Martin Gallop | 78 | 0 | 78 |
18. | 2 | Rumänien | WRS | Llámame M: Andrei Ursu, Alexandru Turcu, Cezar Gună, Costel Dominteanu; T: Andrei Ursu, Cezar Gună | 12 | 53 | 65 |
19. | 16 | Belgien | Jérémie Makiese | Miss You M/T: Jérémie Makiese, Manon Romiti, Mike BGRZ, Silvio Lisbonne | 59 | 5 | 64 |
20. | 8 | Armenien | Rosa Linn Ռոզա Լին | Snap M: Rosa Linn, Allie Crystal, Courtney Harrell, Larzz Principato, Tamar Mardirossian Kaprelian; T: Rosa Linn, Allie Crystal, Courtney Harrell, Jeremy Dusolet, Larzz Principato, Tamar Mardirossian Kaprelian | 40 | 21 | 61 |
22. | 1 | Tschechien | We Are Domi | Lights Off M: Benjamin Rekstad, Casper Hatlestad, Dominika Hašková, Abigail Frances Jones, Einar Eriksen Kvaløy; T: Benjamin Rekstad, Dominika Hašková, Abigail Frances Jones | 33 | 5 | 38 |
21. | 4 | Finnland | The Rasmus | Jezebel M/T: Lauri Ylönen, Desmond Child | 12 | 26 | 38 |
23. | 18 | Island | Systur | Með hækkandi sól M/T: Lovísa Elísabet Sigrúnardóttir | 10 | 10 | 20 |
24. | 6 | Frankreich | Alvan & Ahez | Fulenn M: Alexis Morvan-Rosius; T: Marine Lavigne | 9 | 8 | 17 |
25. | 13 | Deutschland | Malik Harris | Rockstars M/T: Malik Harris, Marianne Kobylka, Robin Karow | 0 | 6 | 6 |