Edit 2: Jetzt ist es offiziell: die Ukraine zieht sich zurück und wird nicht am diesjährigen Song Contest teilnehmen. Sie begründen es damit, dass der Vorentsheid politisiert worden ist. So kann man das auch sehen, aber Fakt ist, dass sie dafür selbst verantwortlich waren! Hoffentlicht handeln sie im kommenden Jahr professioneller.
Edit 27.02.: Gestern Abend gab es bereits eine Absage von Freedom Jazz, den zweitplatzierten vom diesjährigen Widbir. Heute wurde bekannt dass auch die drittplatzierten Kazka nicht mehr interessiert sind. Vermutlich will keiner die zweite oder dritte Geige spielen. In Deutschland hat das mit Black Smoke auch nicht wirklich gut funktioniert. Jetzt wird das Eis für die Ukraine immer dünner und ein Rückzug in dem vom Rückzug (allerdings einzelner Acts) geprägtem Jahrgang wird trotz Vertragsstrafe immer wahrscheinlicher. Alles in Allem kann man das wohl als Supergau bezeichnen. Vielleicht gibt das aber auch einen Lerneffekt in der Ukraine und man macht es im kommenden Jahr besser.
Wie zu erwarten war, möchte sich die EBU mit dem Sachverhalt in der Ukraine erst gar nicht beschäftigen und weißt zurück auf den ukrainischen Rundfunk. ESCBubble fragte bei der EBU nach und bekam folgende Antwort, die ich hier mal sinngemäß in deutsch wiedergebe:
„Jeder Teilnehmende Rundfunksender ist für die Vorauswahl ihres Teilnehmers am Eurovision Song Contest im Einklang mit den Statuten der EBU selbst verantwortlich. Der ukrainische Rundfunk ist aktuell in Gesprächen über ihren Teilnehmer des diesjährigen Contests. Sobald dieser feststeht wird er über die offiziellen Eurovision-Kanäle bekannt gegeben.“
Es war natürlich klar, dass die gesamte Bubble auf eine andere Ansage durch die EBU gehofft hatte. Hier wurden auch Sperren für die Ukraine ins Spiel gebracht, was natürlich absurd ist. Es ist ja nicht so, dass das in anderen Ländern nicht passiert, dass ein zuvor ausgewählter Act durch einen anderen ersetzt wird. Jeder Teilnehmer muß einen Vertrag unterschreiben. In MARUVs Fall ging es hier um die Absage ihrer geplante Konzerttournee in Russland, die Übernahme aller beim ESC anfallenden Kosten, das komplette Unterlassen in Eigenregie Änderungen an ihrer geplanten Choreographie vorzunehmen. Sie durfte sogar gnädigerweise 10 Personen ihrer Wahl zum ESC mitnehmen, deren Kosten sie aber ebenfalls komplett alleine tragen sollte. Ebenso sollte sie die Rechte an ihrem Song komplett an Warner übergeben. Um den Hohn des Vertrages auf die Spitze zu treiben, werde sie nach allen Mitteln vom ukrainischen Rundfunk unterstützt. Was bleibt denn da noch? Ob man als Künstler solch einen Knebelvertrag unbedingt unterschreiben sollte muß jeder für sich selbst entscheiden. In der eigenen Bubble sehen wir immer nur das positive und vergessen ganz gerne mal, dass es sich beim Song Contest um ein knallhartes Geschäft handelt, bei dem es im Endeffekt nur ums Geld geht nicht wie wir uns gerne wünschen ums Prestige.
Wie geht es jetzt weiter? Oleksandra Koltsova von UA:PBC hat hier auf Anfrage von ESCBubble folgendes geantwortet:
„Zunächst werden wir uns mit der Europäischen Rundfunkunion über die Politisierung des Auswahlverfahrens in der Ukraine beraten. Wie wirkt sich das auf unsere Teilnahme in diesem Jahr aus? Dann werden wir mit Anwälten sprechen, ob wir weiterhin als Rundfunkveranstalter teilnehmen wollen. Dann sprechen wir mit dem Management der Künstler. Und dann werden wir eine Entscheidung treffen.“
„Wir werden Gespräche mit den Teilnehmern der nationalen Auswahl führen. Natürlich ist es eine logische Annahme, dass dies die Teilnehmer sind, die den zweiten Platz belegten. Diese Optionen werden wir in Betracht ziehen, obwohl wir theoretisch jeden anderen auch (zum Contest) schicken könnten. Aber natürlich haben wir die Finalisten der nationalen Auswahl. Ich denke, wir werden unter ihnen auswählen.“
Der ukrainische Rundfunk überlegt also konkret auch einen Rückzug vom Contest und riskiert so eine Vertragsstrafe. Eventuell wird aber, und das ist die wahrscheinlichere Option, ein anderer Act aus dem Finale ausgewählt. Aller Wahrscheinlichkeit nach könnte das die zweitplatzierten Freedom Jazz sein, die aber dazu bisher nicht befragt wurden.
Sie nahm auch Bezug auf den Vertrag, den MARUV unterschreiben sollte, dies aber nicht tat und deshalb vom Contest ausgeschlossen wurde:
„Die Künstlerin hat ihre eigene Interpretation dieser Bedingungen veröffentlicht. Die große Mehrheit von ihnen sind nur Standards aus den Regeln des Eurovision Song Contest. Darüber hinaus gab es eine Klausel über die Absage von Tourneen in der Russischen Föderation für die Dauer der Vorbereitungen und der Teilnahme am Wettbewerb. In jeder Vorauswahl gab es Künstler, die zu dieser Zeit in der Russischen Föderation auftraten. Keiner von ihnen erreichte das Finale. Daher haben wir diese Klausel nicht angewandt. Es gab immer einen Vertrag und diese Klausel wurde nach dem ersten Halbfinale hinzugefügt, als es sich wirklich abzeichnete dass wir einen solchen Fall haben werden, und es notwendig sein wird, dies sowohl unserer Gesellschaft als auch nach außen hin zu kommunizieren.“
Eurovoix führte außerdem ein Interview mit Viktor Taran, ebenfalls Mitglied im Vorstand von UA:PBC
Er sagte dass Entgegen der Aussagen der Sängerin, sie nicht bereit gewesen sei ihre Tour nach Russland abzusagen. Ebenso wollte sie nicht unterschreiben dass sie , als Botschafterin für die Ukraine, politischen Fragen von Reportern im Sinne der Ukraine zu beantworten hat.
Wie immer bei solchen Konflikten steht dann Aussage gegen Aussage.
Edit: Vor einer Stunde gab Freedom Jazz über ihre SM-Kanäle bekannt, nicht für den Contest zur Verfügung zu stehen.
Quelle: ESCBubble, Eurovoix(Freedom Jazz), Eurovoix (Viktor Taran)